Sonntag, 10. Oktober 2021

Im Schleudergang Teil 1

 Im Schleudergang Teil 1 - Trockene Theorie

Vorweg: Hier geht es wirklich nur um die graue Theorie, der Praxis-Beitrag wird wieder lebendiger, Ehrenwort! :)

Ich hatte ja versprochen, dass ich ein wenig berichte, wie ich meine Honigschleuder ausgewählt habe. Da ich ja bisher bei Imkern geschleudert habe, die ein paar mehr Völker hatten, lief meine erste allererste grobe Auswahl ungefähr so aus:

Handkurbel? Nein, Motor muss schon sein. Waben per Hand wenden? Ne, Selbstwenden sollte sie schon können. Händischer Richtungswechsel? Nein, Automatik gibt's doch auch. Leider wird es dann sehr schnell sehr teuer und ich musste mir "eingestehen", dass eine solche Schleuder für mich überdimensioniert ist. Wo also Abstriche machen? 

Material?

Das Thema ist schnell abgehandelt: Neue Schleudern gibt es nahezu ausschließlich aus Edelstahl. Auf dem Gebrauchtmarkt gibt es sicherlich noch Schleudern aus anderen (potenziell rostenden) Materialien, davon sollte man aber die Finger lassen.

Handkurbel oder Motor?

Ja, bei einer kleiner Völkerzahl kann eine Handschleuder eine kostengünstige Alternative darstellen. Der Honig wird bei diesen Modellen durch den Einsatz von reiner Muskelkraft aus den Waben befördert. Das ist natürlich in der Anschaffung günstiger, als ein Elektromotor. Ich persönlich habe mich aber nicht nur mit Blick auf meine Armmuskel gegen eine Kurbel entschieden. Denn während des Kurbelns ist das weitere Entdeckeln ja nicht möglich. Das wiederum bedeutetet, dass die beiden Arbeitsvorgänge immer nacheinander ausgeführt werden müssen. Wenn die Waben leer geschleudert sind, kann erst die nächste Ladung Honigwaben zum Schleudern vorbereitet werden. Für mich das Hauptargument, warum ein Motor an der Schleuder sein musste.

Größe der Schleuder?

Größe meint zunächst mal, wieviele Waben gleichzeitig in einem Durchgang geschleudert werden können. Diese Frage ist wiederum eng mit der Frage verknüpft welche Art von Schleuder es sein soll. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten: Tangential- und Radialschleudern. 
Bei einer Tangential-Schleuder sind Waben kreisförmig mit den Wabenflächen nach außenblickend im Schleuderkessel angeordnet. Bei einer Radial-Schleuder sind die Waben beim Schleudervorgang sternförmig von der Mitte zur Seitenwand ausgerichtet.  Entsprechend passen in eine Radialschleuder in der Regel auch mehr Waben hinein.

Jetzt könnte die Entscheidung auf den ersten Blick einfach ausfallen. Mehr Waben = Besser!? Leider hat die radiale Anordnung auch ihre Nachteile: Der physikalische Effekt, der den Honig bei dieser Anordnung aus den Waben befördert, wirkt erst richtig gut, wenn der Schleuderkessel groß dimensioniert ist, außerdem kann es bei besonders zähen Honigen sein, dass die Waben nicht oder nicht vollständig entleert werden. 

Lange Rede kurzer Sinn, ich wollte gerne eine Tangential-Schleuder, da meine Haupttracht zäher Raps-Honig ist. Außerdem habe ich entschieden, dass ich keine Schleuder benötige, die >12 Waben aufnehmen kann. 

Selbstwendeschleuder?

Bei einem Schleudervorgang müssen die Waben mehrmals gedreht/gewendet werden. Warum mehrmals, einmal müsste doch eigentlich reichen, jede Seite einmal zu schleudern? Leider nein. Jede Seite muss zunächst "angeschleudert" werden. Hierzu wird bei niedriger Drehzahl bei jeder Seite ein Teil des Honigs extrahiert. Bei anfänglich zu schnellem Schleudern, würde sich der Honig nämlich durch die Zellwände zur anderen Seite durchdrücken und sogenannten Wabenbruch verursachen. Das ist dann eine große Schweinerei! :)

Bei einer Selbstwende-Schleuder werden die Waben in Körben eingelegt, die beidseitig mit Gittern geschlossen sind und beim Stillstand der Schleuder zunächst radial angeordnet sein. Durch Federn und Aufhängungen drehen sich diese Körbe dann automatisch zur einen oder anderen Seite, je nachdem, in welche Richtung geschleudert wird.

Hiermit habe ich tatsächlich geliebäugelt, da das manuelle Wenden natürlich schnell nervig werden kann und die Waben in der Regel außerhalb der Schleuder gedreht werden müssen, da der Platz innen nicht ausreicht. Dachte ich zunächst, tatsächlich gibt es aber Schleudern, die keine Mittelwelle, also keinen Mittelsteg in der Schleuder haben. Dadurch wird ein Drehen in der Schleuder möglich. Nachdem ich das herausgefunden hatte, konnte ich mir vorstellen, auf die erheblichen Mehrkosten einer Selbstwendefunktion zu verzichten.

Selbstwendeschleudern gibt auch mit einer programmierbaren Automatik, die den beschrieben Prozess des mehrmaligen Wendens selbstständig durch einmaligen Knopfdruck erledigt.

Sonstige Überlegungen?

Eine nicht zu verachtende Frage, die man sich stellen muss: Passt die Schleuder durch die Tür(en) zum Schleuderraum? Ich war schon live dabei, als dies bei einem Imker nicht der Fall war und die Schleuder komplett zerlegt werden musste, um die Situation doch noch zu retten. Kellertüren halten manchmal nicht unbedingt Standardmaße ein - vorheriges Nachmessen hilft. :)

Bei größeren Schleudern kann man noch über das Erfordernis eines zweiten Ablaufs nachdenken oder über einen Schrägboden, der den Honig leichter abfließen lässt. 

Zufrieden?

Mittlerweile habe ich zwei Mal geschleudert und kann sagen: Ja! Ich bin zufrieden. Die Zeit, die ich mit vergleichen und den oben grob dargestellten Überlegungen verbracht habe, war gut angelegt. Ich habe die passende Schleuder gefunden. Mehr dazu in einem kommenden Beitrag wo wir uns dann endlich der Praxis widmen können.


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